Antineutrinos für Rüstungskontrolle
Durch den jahrzehntelangen Betrieb von Kernkraftwerken wurden große Mengen radioaktiver Abfälle erzeugt, die in Endlagern gelagert werden sollen. Diese radioaktiven Abfälle enthalten immer noch einen Anteil an waffenfähigen Isotopen, was ein Proliferationsrisiko mit sich bringt. Verifikationsmethoden und Überwachungstechniken sollen die Integrität dieser Endlager gewährleisten. In den ersten paar hundert Jahren stammt die dominierende Radioaktivität der Abfälle von langlebigen Beta-Strahlern, die Antineutrinos im niederenergetischen Bereich unter 5 MeV aussenden.
Im Gegensatz zu anderen Strahlungsteilchen können Antineutrinos nur über die schwache Kraft wechselwirken und können daher nicht abgeschirmt oder abgelenkt werden. Das macht sie zu einem guten Kandidaten für die Überwachung radioaktiver Abfälle. Allerdings ist dieser Vorteil auch eine Herausforderung für die Entwicklung eines geeigneten Antineutrinodetektors, da die Wechselwirkungsquerschnitte von Antineutrinos sehr klein sind.
In unserem Projekt untersuchen wir Zeitprojektionskammern, die mit einer organischen Flüssigkeit gefüllt sind, mit dem Ziel einer vollständigen Rekonstruktion von Antineutrino-Ereignissen über den inversen Betazerfall, der eine eindeutige Signatur zur Identifizierung aufweist. Darüber hinaus ist im Niederenergiebereich die Richtung des ausgehenden Neutrons stark mit der Richtung des eingehenden Antineutrinos korreliert. Dazu untersuchen wir, inwieweit das Neutron durch seine ersten elastischen Streuungen im Detektormaterial rekonstruiert wird und wie dies zur Trennung von Signal- und Hintergrundereignissen genutzt werden kann.
Der Nachweis von Antineutrinos im Niederenergiebereich ist nicht nur für die Überwachung radioaktiver Abfälle nützlich, sondern auch für die Überwachung des Betriebzustands von Kernreaktoren. Darüber hinaus ist dieser Bereich auch für die Grundlagenforschung von besonderem Interesse, z. B. für die Untersuchung von Sonnenneutrinos und Geoneutrinos. In diesem Projekt arbeiten wir mit der TPC-Entwicklungsgruppe des III. Physikalischen Instituts B zusammen.
Die Forschung wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und vom FREIGEIST-Fellowship der VolkswagenStiftung finanziert.